Das Leben sinnvoll gestalten

 

Schuler Schulubertritt

Schul-Übertritt

oder

„Geh’, wohin Dein Herz Dich ruft“

Ich hielt sie in den Armen. Sie hatte bei ihrer Geburt keinen leichten Start ins Leben. Da ging es schon ums Überleben. „Willkommen auf dieser Erde“ waren meine ersten Worte zu meiner wundervollen Tochter.

Ihre Lebensfreude stellte mich und unsere Umwelt vor große Herausforderungen. Sie schlief wenig, war lebendig und konnte schon mit 10 ½ Monaten laufen. Sie war ihrem Alter voraus.

Im Kindergarten liebte sie besonders das „Freispiel“, hier durfte sich jedes Kind ein Spiel überlegen. Oft kamen die Kinder zu meiner Tochter und fragten: „Was spielen wir heute?“ Sie dachte sich immer neue Geschichten und Spiele aus. Die Leiterin des Kindergartens sagte mir: „Jetzt arbeite ich seit 30 Jahren mit Kindern und ich habe nie so ein kreatives Kind erlebt wie ihre Tochter.“ Ich dachte: „Klasse, das ist eine ihrer Stärken. Wie schön.“ Hörte ich doch sonst eher, dass sie zu lebendig war.

Dann kam die Schulzeit. Auf einmal waren ganz andere Fähigkeiten gefragt. Sie sollte rechnen, auf Linien schreiben, still sitzen… Ihre kreativen Fähigkeiten waren gar nicht mehr so sehr gefragt. Gut, in Kunst hatte sie Glück. Da konnte sie punkten. Aber sonst? Die Schulzeit war von Anfang an beschwerlich für sie. Oft gab es Tränen. So viele Hausaufgaben, sitzen, schreiben, rechnen, auswendig lernen. Zählten ihre Fähigkeiten denn jetzt gar nicht mehr? Mathe fiel ihr besonders schwer und wog so viel mehr im Schulsystem. „Warum ist das so?“ fragte sie mich. Warum zählen bestimmte Fächer mehr als Kunst und Musik? Sind diese Fächer denn gar nicht wichtig? Ich wusste natürlich die Antwort. Hier in der Schule ist das kein Fach „zum Vorrücken.“ Da zählen andere Fächer.

Ich fühlte mich hilflos. Wie mache ich ihr klar, dass sie ein so wertvolles Talent hat, so künstlerisch veranlagt ist und gleichzeitig wiegt es so wenig in der Schule. Sie hat es ja jeden Tag erlebt. Sie litt furchtbar in der Schule. Ich litt mit.

Ich erzählte meiner Tochter die Geschichte von der Waldschule. Alle Tierkinder gehen in die Waldschule. Der Maulwurf, die Katze, der Fuchs, Regenwurm und der Fisch aus dem Teich. Alle bekamen die gleichen Aufgaben. Sie sollten auf einen Baum klettern. Da hatte es die Katze sehr leicht und ihr machte das Klettern sogar Spaß. Der Fisch versagte komplett. In der nächsten Aufgabe sollten die Waldkinder Algen aus dem Teich fischen. Eine leichte Aufgabe für den Fisch. Dieses Mal hatte die wasserscheue Katze Pech und der Fisch erntete viel Lob.

Auch Vera Birkenbihl sagte sinngemäß, wenn du dich nicht wohlfühlst an dem Platz, wo du bist, dann bist nicht DU falsch, sondern der Platz! Deine Aufgabe besteht darin, den für Deine Talente und Fähigkeiten richtigen Platz zu finden.

Ich suchte dann nach einer Schule, die besser zu meiner Tochter passte und in der nicht so viel Druck herrschte. Nicht so einfach, wie sich herausstellte. Aber in den nächsten Jahren ging es ihr an der neuen Schule deutlich besser. Diese neue Erfahrung mit der Schule machte meiner Tochter Lust auf die 10. Klasse. Für dieses Vorhaben wählte sie eine Montessori-Schule. Diese Schule gefiel ihr so gut, dass sie einen Schulweg von 2,5 Stunden täglich in Kauf nahm. Aus freien Stücken. Selbst im Winter jammerte sie kein einziges Mal und kam nie zu spät.

Bei der Abschlussfeier mit ca. 250 Personen im Saal wurde jedes Kind der Abschlussklasse einzeln auf die Bühne gebeten. Die Lehrerin überreichte ein Geschenk, das Zeugnis und erzählte dem Auditorium von den wundervollen Talenten und Beiträgen der Jugendlichen in der Schule. Mir kamen die Tränen, so gerührt war ich. So viel Wertschätzung hatte ich noch nie in einer Schule erlebt. Jede*r Schulabgänger*in wurde geehrt und gefeiert. So viel Liebe war im Raum. Endlich ein Ort, an dem meine Tochter gesehen wurde. Das war für sie ein krönender Abschluss ihrer Schulzeit.

Natürlich suchte sie sich einen kreativen Beruf, bei dem sie ihre Fähigkeiten ausleben konnte. Und das jeden Tag. Mein Mutterherz wurde ganz leicht.

Nach der Ausbildung hatte sie so ein Standing im Leben. Sie beschloss für 1 Jahr alleine nach Neuseeland zu gehen. Sie wollte raus ins Leben und v.a. ihre Englischkenntnisse verbessern. Auch in Neuseeland folgte sie ihrem Herzen. Sie lebte und arbeitete mit Künstlern. Da fühlte sie sich pudelwohl. Dort verkaufte sie das 1. Mal eines ihrer Werke. Es war eine wertvolle Reise, voller stärkender und ermutigender Erfahrungen.

Direkt nach ihrer Rückkehr entschied sie sich als Requisiteurin an einem großen Theater zu arbeiten. Sie entwickelte eigene Konzepte und setzte sie auch um. Hier blühte sie richtig auf.

Heute lernt sie an der freien Kunstwerkstatt von verschiedenen Künstlern, um ihre künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern und zu verfeinern. Wir alle sind gespannt, wohin sie die nächsten Schritte führen werden. Meine Tochter tut das, was sie liebt. Ihr Leitsatz ist „Geh‘, wohin Dein Herz Dich ruft“. Und das tut sie. Ihr Weg ist nicht gerade, aber er macht sie glücklich und erfüllt sie. Danke meine Tochter, dass ich Deine Mama sein darf und Du das tust, was Du liebst.

Astrid Reinhardt

Auszug aus dem Buch "Coaching der neuen Zeit", Seelenbuchverlag. ISBN: 978-3-910337-14-5

 

Und wie ist es bei Dir?

Lebst du deine Fähigkeiten und Talente? Oder denkst du:" Das kann es doch nicht gewesen sein?"

"Jeder Mensch, der auf sein Herz hört und die Liebe ausstrahlt, die er im Kern ist,
ob er Friseur ist oder Vertriebsmann, Putzhilfe oder Stewardess, Vorstand oder Pförtner, 
verändert die Welt in Richtung eines Ortes des Friedens und der Freude. 
Jeder Mensch ist dazu berufen, seine Liebe und seine Freude der Welt zu schenken." 
(Robert Betz)